Projektbeschreibung

Wissenschaftliche Begleitung des Modellprojekts zur Implementierung und Evaluation eines Mobilen Fachteams (Fachberater-Teams) zur Verbesserung der Lebens- und Betreuungssituation von Menschen mit herausforderndem Verhalten in Rheinland-Pfalz (Kurzbezeichnung: Mobiles Fachteam Rheinland-Pfalz)

Projektleitung: Prof. Dr. Christian Lindmeier
Projektmitarbeiterin: Dipl.-Päd. Petra Schürmann

Projektskizze

Menschen mit geistiger Behinderung und herausforderndem Verhalten sowie Menschen mit
psychischen Erkrankungen und herausforderndem Verhalten stellen ihre Umwelt immer wieder vor Probleme, die als extrem belastend und von den Personen selbst und den Betroffenen in ihrem Umfeld oft als nur schwer lösbar erlebt werden.
Menschen, deren Behinderung und deren bisherige Lebenserfahrungen dazu führen, dass sie in
scheinbar normalen Lebensbezügen und -situationen Ängste aufbauen und in Krisen geraten,
entwickeln teilweise Verhaltensweisen, die für ihre Mitmenschen, ihre Angehörigen und
Betreuungspersonen eine erhebliche Herausforderung bedeuten.
Dies äußert sich im Extremfall in massiven tätlichen Aggressionen gegenüber anderen oder sich
selbst. Dabei ist der Blick häufig auf den Menschen gerichtet, von dem das auffällige Verhalten
ausgeht. Mit der Pathologisierung der Probleme wurde bisher der Fokus der Behandlung allein auf die Verminderung des Problemverhaltens gerichtet.
Zum großen Teil liegen aber Verständigungsprobleme auf allen Seiten vor, die uns daran hindern, den oft schwer zu ergründenden individuellen Lebensbedürfnissen der Menschen gerecht zu werden und Bedingungen zu schaffen, unter denen sie nicht auf aggressive Ausdrucksformen zurückgreifen müssen.
Das Verhalten darf somit nicht unabhängig von den Interaktionsprozessen betrachtet werden.
Ein „Mobiles Fachteam“, bestehend aus Ärzten, Pädagogen, Psychologen etc. soll helfen neue
Sichtweisen und Lösungsansätze zu entwickeln und dazu beitragen, dass die notwendigen Hilfen fachgerecht den betroffenen Menschen zur Verfügung gestellt werden können.
Dabei soll die Beratung als Chance zur Neuorientierung und zum Aufbrechen eingefahrener
Verhaltensweisen gesehen werden.
Veränderungen sind beispielsweise in der Wohnsituation, in der personellen Ausstattung, in der
Mitarbeiterkompetenz, in Betreuungskonzepten, in der Tagesgestaltung und Lebensführung denkbar.
Der Einsatz des Mobilen Fachteams ist nur sinnvoll, wenn Bereitschaft zur Veränderung bei den
Beteiligten besteht. Grundlage ist ein humanistisches (christliches) Menschenbild, das getragen ist von Toleranz, Wertschätzung und Empathie.

Das Mobile Fachtteam soll im Rahmen seiner Beratung

  • stationäre Unterbringungen in Spezialeinrichtungen vermeiden helfen,
  • Alternativen zu Sonderwohn- und Betreuungsangeboten entwickeln, und insbesondere
  • ermöglichen, dass die Person, in dem von ihr gewünschten Lebensraum verbleiben kann,
  • darauf hinwirken, dass bisher nicht vernetzte Professionen in der Region besser kooperieren.

Aufgabe der wissenschaftlichen Evaluation ist die enge Begleitung und Beratung der zentralen
Koordinierungsstelle beim Aufbau der Mobilen Fachteams sowie die Bereitstellung von
Informationen, die nach Beendigung der Projektphase eine grundlegende Entscheidung zur
Weiterführung und der weiteren Ausgestaltung der Mobilen Fachteams sowie der zentralen
Koordinierungsstelle erleichtern sollen.

Um dem Modellcharakter des Projekts gerecht zu werden, wurde für die wissenschaftliche
Begleitung das Design einer formativen Evaluation vereinbart. Deren Ergebnisse sollen durch ihre Nähe zur Praxis ein direktes Feedback darstellen und unmittelbar auf die weitere Entwicklung der praktischen Arbeit der Mobilen Fachteams einwirken. Die wissenschaftliche Evaluation dient also letztlich der Qualitätssicherung und -entwicklung dieser neuen Dienstleistung.

Inhalte der Evaluation sind

  • die deskriptive Auswertung der gesammelten Daten aus der Einzelfallberatung (Dokumentenanalyse),
  • die intensive Auswertung ausgewählter Unterstützungsverläufe (Leitfadeninterviews, Beobachtungen), und
  • die Analyse/Bewertung des Erfolgs der Arbeit des Fachteams (Zufriedenheitsbefragungen, Leitfadeninterviews).

Das Projekt läuft über einen Zeitraum von drei Jahren und wird über Drittmittel mit einem
Finanzierungsvolumen von insgesamt 105.000 € finanziert. Die Drittmittelfinanzierung setzt sich aus öffentlichen Mitteln des Landes (30%) und aus Eigenmitteln (70%) der Aktion Mensch, der Stiftung Lebenshilfe, Stiftung Gesundheitsfürsorge Speyer, der Diakonissen Speyer Mannheim und des Paritätischen zusammen.