Laufende Forschungsprojekte

Fallkonstitutive Urteilsbildung am Beispiel von Kindeswohlgefährdungseinschätzungen – das Zusammenwirken von Jugendämtern und Familiengerichten

Finanziert durch: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

Laufzeit: 01.02.2022 – 31.01.2025

Projektleitung: Pascal Bastian, Mark Schrödter (Universität Kassel)

Wissenschaftliche Mitarbeiterin in Landau: Christina Wolber

Im Vorgängerprojekt des hier beantragten Forschungsvorhabens konnte auf Basis ethnographischer Beobachtungen eine Heuristik rekonstruiert werden, die zeigt, wie Kinderschutzfachkräfte bei der Verdachtsabklärung Sense-Making betreiben und zu der Entscheidung gelangen, ob sie einen Fall abschließen oder eine erzieherische Hilfe vergeben. Die Heuristik zeigt zugleich, welchen zentralen Stellenwert die Gerichte in der Urteilspraxis einnehmen – sei es antizipierend im Urteil der Fachkräfte, oder formal bei der Anrufung des Gerichts. Kinderschutzfachkräfte bilden u.a. mit Richter*innen ein »Urteilsnetzwerk«. Dieses Sense-Making in Urteilsnetzwerken soll im zu beantragenden Folgeprojekt genauer mit Blick auf das Zusammenwirken von Jugendämtern und Familiengerichten ethnographisch untersucht werden. Damit wird das theoretical sampling des Vorgängerprojektes konsequent fortgeführt. Das Forschungsvorhaben wird in Kooperation mit dem Fachgebiet Sozialpädagogik des Kindes- und Jugendalters der Universität Kassel durchgeführt und verfolgt folgende Ziele:

  1. Untersuchung des Sense-Making der Fachkräfte im Vorfeld von Verhandlungen und Erörterungen vor Gericht. Es sollen vor allem Teamsitzungen, kollegiale Beratungen, Flurgespräche etc. ethnographisch untersucht werden, die bereits vor Anrufung des Gerichts stattfinden, um die Auswirkungen, die die Antizipation des Gerichts bereits im Vorfeld haben, zu untersuchen.
  2. Detaillierte ethnographische Untersuchung sozialpädagogischer Erörterungen vor dem Familiengericht. Erörterungen und Verhandlungen vor Gericht sind ein zentraler Ort, an dem als solche konstruierte "Gefährdungen" bzw. "Schädigungen" konkret interdisziplinär verhandelt werden, so dass analysiert werden kann, inwiefern die Fachkräfte ihre Urteilspraxis, die im Vorgängerprojekt in der Heuristik expliziert worden ist, vor Gericht thematisieren bzw. deren Ergebnisse in eine "gerichtstaugliche" Argumentation überführen.

Hauptziel ist die Rekonstruktion der Übersetzungsleistung der Fachkräfte, durch die es gelingt, die Konstruktion eines "offensichtlichen Schadens" von einem grundsätzlich prekären Status in ein belastbares „Beweismittel“ zu überführen und die Geltendmachung von "Kindeswohlgefährdung" anhand der durch die Heuristik ermittelten "Schädigungen" auf der Grundlage einer (De-)Gradierung von elterlicher Kooperationsbereitschaft zu betreiben.


 DFG-Netz­werk Be­din­gungs­lo­se Ju­gend­hil­fe

An­trag­stel­ler, Spre­cher: Dr. Vinzenz Thalheim, Universität Kassel

Netz­werk­mit­glie­der: Prof. Dr. Timo Ackermann, Alice Salomon Hochschule, Prof. Dr. Pascal Bastian, Universität Koblenz-Landau, Ass. Prof'in Dr. Sara-Friederike Blumenthal, Alpen-Adria Universtität Klagenfurt, Prof.‘in Dr. Zoe Clark, Universität Siegen, Prof. Dr. Florian Eßer, Universität Osnabrück, Katharina Freres, Universität Koblenz-Landau, Katharina Gundrum, Universität Wuppertal, Prof. Dr. Benedikt Hopmann, Universität Siegen, Prof.'in Dr. Bettina Hünersdorf, Universität Halle-Wittenberg, Prof. Dr. Jan Kepert, Hochschule Kehl, Dr. Thomas Meysen, SOCLES, Heidelberg, Prof.'in Dr. Gertrud Oelerich, Universität Wuppertal, Prof. Dr. Rainer Patjens, DHBW Stuttgart, Jun. Prof. Dr. Martina Richter, Universität Duisburg-Essen, Prof.'in Dr. Caroline Schmitt, Alpen-Adria Universtität Klagenfurt, Prof. Dr. Mark Schrödter, Universität Kassel, Prof.'in Dr. Britta Tammen, Hochschule Neubrandenburg, Dr. Vinzenz Thalheim, Universität Kassel, Prof.'in Dr. Nina Thieme, Prof.'in Dr. Friederike Wapler Universität Mainz, Prof. Dr. Holger Ziegler, Universität Bielefeld

Mit dem interdisziplinären DFG-Netzwerk soll ein Beitrag zur inklusiveren Ausgestaltung der Kinder- und Jungendhilfe (KJH) geleistet werden. Hierfür werden rechts- und erziehungswissenschaftliche Perspektiven auf die gegenwärtigen Leistungsstruktur der KJH zusammengeführt, um einen grundlagentheoretischen Diskurs zu eröffnen und zukünftige Forschungsbedarfe zu identifizieren. Der interdisziplinäre Ansatz ist von hoher wissenschaftlicher Relevanz für die Inklusionsbestrebungen in der KJH, da insbesondere die Zweiteilung der Leistungsangebote in Regelleistungen (§11-26 SGB VIII) und Bedarfsleistungen (§27-35 SGB VIII), die Adressatinnen in Personenkategorien einteilt, die inklusiven Ansätzen tendenziell gegenläufig sind. So können Bedarfsleistungen nur beansprucht werden, wenn ein „erzieherischer Bedarf“ vorliegt. Somit ist die Gewährung an ein Defizit geknüpft, das vom Jugendamt diagnostiziert werden muss. Damit sind die Bedarfsleistungen für ihre Nutzerinnen tendenziell stigmatisierend, was auf gravierende Barrieren der Inanspruchnahme verweist. Dieses Strukturproblem bleibt auch im jüngst verabschiedeten Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) erhalten. Somit stellt sich die Frage, inwiefern das Jugendhilfesystem mit seiner gegenwärtigen Zweiteilung tatsächlich dazu beiträgt, soziale Ungleichheitsverhältnisse zu mildern, statt sie zu reproduzieren. Den Ausgangspunkt im Netzwerk bildet die Idee einer „Bedingungslosen Jugendhilfe“. Im Verlauf von sechs Netzwerktreffen diskutieren die Netzwerkmitglieder mit ausgewählten Gästen, ob und inwiefern ein inklusiveres Jugendhilfesystem gestaltet werden kann, wenn seine (exkludierende) Zweiteilung in eine weitgehend bedingungslose Leistungsstruktur transformiert werden würde und was diesem „Bedingungslosigkeit“ im Einzelnen konkret bedeuten könnte. LINK

Risikomanagement im Kinderschutz. Urteils- und Entscheidungsfindung bei Kindeswohlgefährdung durch Fragilitätstests

Katharina Freres

In meiner Dissertation beschäftige ich mich mit der Frage, wie Fachkräfte im Kinderschutz zu dem Urteil gelangen, ob eine Kindeswohlgefährdung vorliegt oder nicht. Da es im deutschen Kinderschutz kein standardisiertes Vorgehen der Verdachtsabklärung bei Kindeswohlgefährdung gibt und wenig darüber bekannt ist, wie Entscheidungen in der Praxis getroffen werden, wird in dem Dissertationsprojekt der Versuch unternommen, die „Black Box“ der Entscheidungsfindung im Kinderschutz zu öffnen.

Im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts „Fallkonstitutive Urteilsbildung bei Kindeswohlgefährdung“ habe ich in einem ethnographischen Feldzugang den Arbeitsalltag von Fachkräften in Allgemeinen Sozialen Diensten ausgewählter Jugendämter in Deutschland teilnehmend beobachtet.

In der Dissertation kann gezeigt werden, dass die Fachkräfte zwei verschiedene Teststrategien anwenden, mit denen sie „verdächtige Eltern“ im Hinblick auf die „Fragilität“ ihrer Elternschaft testen. Weiter zeige ich auf, wie die untersuchten Fachkräfte die Testverfahren unter jeweils spezifischen Fallbedingungen anwenden. Die Explikation dieser Anwendungsbedingungen führte zu einer fast-and-frugal-Heuristik (im Sinne von Gerd Gigerenzer), der die untersuchten Fachkräfte bei der Bearbeitung von Kinderschutzfällen implizit folgen. Die implizite Befolgung der Heuristik kann als Verdachtsmanagement des Kinderschutzes bezeichnet werden, da es hier darum geht, den aufgekommenen „Verdacht“ auf Kindeswohlgefährdung aktenförmig zu verwalten. Die ethnographischen Analysen zeigen außerdem, dass die Anwendung der Testverfahren stigmatisierend für die Eltern und deren Kinder ist. Diese Stigmatisierung ist Folge der Struktur des gegenwärtigen Systems der Kinder- und Jugendhilfe, denn um erzieherische Hilfen erhaltenzu können, muss ein „erzieherischer Bedarf“ vorliegen.


Die Fridays for Future-Bewegung Deutschland – ethnografische Erkundungen

Jana Posmek

Lange Zeit blieb die Politisierung von Jugend wissenschaftlich unterbeleuchtet bzw. wurde als absent deklariert. Mit der Entstehung der Fridays for Future-Bewegung jedoch erlebte die Wahrnehmung junger Menschen als Agent*innen sozialökologischen Wandels regelrecht einen Höhepunkt.

Obwohl bzw. gerade weil bereits so viel über die Bewegung und ihre Akteur*innen gewusst wird und gesagt wurde, verfolgt mein ethnografisches Dissertationsprojekt das Ziel, zu verstehen, was in diesem diffusen Feld eigentlich vor sich geht und so die Eigenheiten des Feldes, die Binnenperspektiven, offenzulegen. Einer ethnografischen Haltung der Befremdung des vermeintlich Vertrauten folgend, nehme ich die Bewegung und ihre jungen Akteur*innen, die sich in Deutschland für Klimagerechtigkeit einsetzen, zum Gegenstand.

Inspiriert von Bruno Latours und Adele E. Clarkes relationalen Theorie-Methoden- Zusammenhängen geht das Projekt dabei der praxistheoretisch geleiteten Frage nach, wie politische und soziale Teilhabe im Kontext der Bewegung hervorgebracht und verhandelt wird: Wer darf und kann wie mitsprechen? Welche spezifischen Subjektformen können in diesem Zusammenhang Akteur*innen im Feld annehmen, um legitime, „kompetente“ Mitspieler*innen im Drama um Klimaaktivismus zu werden?

Mein Forschungsprojekt öffnet sich damit insgesamt sowohl für innovative, gestalterische Impulse junger Menschen hinsichtlich sozialer Probleme, als auch für spezifische lebensweltliche, zeitaktuelle Zusammenhänge, die heutiges Aufwachsen prägen – nicht, ohne sich hierzu reflektierend zu positionieren.


EXTERNE

Musikalische Transformationen. Eine Studie zur Dynamik von Bedeutungszuschreibungen und Beziehungen zwischen Musiker*innen, Musik und Profession

Megan Benoit

Durch den gezielten Einsatz von Musik in therapeutischen und pädagogischen Settings vollzieht sich ein Übergang vom Studium zu Beruf, von individueller zu stellvertretender Krisenbewältigung und schließlich von einem privaten Kontext hin zu einem beruflichen. 

In meiner Dissertation beschäftige ich mich mit der Frage, wie sich die Bedeutung von Musik für das Individuum sowie die Beziehungen zum Gegenstand Musik während des Überganges nach dem Studium in ein musikbezogenes berufliches Handlungsfeld gestalten. 

Dabei interessiere ich mich für Bildungsprozesse, die sich innerhalb von Krisenbewältigungsprozessen abspielen und frage danach, ob musikalischen Verständnisse sich im Prozess der Professionalisierung verändern und ob sich diese insbesondere in der therapeutischen Praxis von denen musikbezogener Sozialer Arbeit oder der Kultur- und Unterhaltungsbranche unterscheiden. Welche Rolle spielt Musik für Menschen, die diese professionell im Sinne der Beziehungsgestaltung und stellvertretenden Krisenbearbeitung „einsetzen“ sodass jene Kunst nun mehr zum Bestreiten ihres Lebensunterhaltes praktizieren? 

Das Dissertationsprojekt fokussiert zusammengefasst den Übergang junger Menschen nach dem Studium in ein musikbezogenes berufliches Handlungsfeld und zielt auf das Verständnis transformatorischer Bildungsprozesse sowie auf Bedeutungszuschreibungen bezogen auf den Gegenstand Musik im Kontext von Professionalisierung. 


Beweggründe von Menschen mit einer lebensbegrenzenden chronischen Erkrankung für eine virtuelle Präsenz

Michael Malina

Nicht erst seit dem Tod des bekannten Youtubers Philipp Mickenbecker und der mit ihm entstandenen Dokumentation stellt sich die Frage, wie virtuelle Lebenswelten, wie Bloggen oder das aktive Nutzen von Social Media, sich auf das Leben eines Menschen in schwierigen Lebenssituationen auswirken kann. Insbesondere junge Menschen mit einer lebensbegrenzenden, chronische Erkrankung öffnen sich neue Wege der sozialen Vernetzung bei eigener begrenzter Mobilität. Die neuen, virtuellen Lebenswelten eröffnen Ressourcen, welche ggf auch in der sozialen Arbeit gefördert, gestützt und auch reflektiert werden können oder sogar müssen. Sie gibt auch die Möglichkeit, jenseits der sogenannten Bubble, auf die Lebenssituation von Menschen in besonderen Lebenslagen aufmerksam zu machen.

Jugendliche und junge Erwachsene werden in dieser zunehmend virtualisierten Lebenswelt groß und nutzen die Ihnen gebotenen Möglichkeiten. In Form von qualitativen Interviews werden im Rahmen der Ressourcenorientierten Denkens u.a. nach Steven E Hobfoll (conservation of resources-theory) und Beate Blank (Die Interdependenz von Ressourcenförderung und Empowerment) diese Ressourcen reflektiert und die Chancen, welche sich bieten, erschlossen. Ziel ist es, eine Basis für ein Referenzsystem zu erarbeiten, um diese Ressourcen für die Soziale Arbeit aktiv nutzbar zu machen.

Kinderschutzpraxis in der Corona Pandemie (KiSchCo)

Finanziert durch: Eigenmittel

Laufzeit: laufend

Projektleitung: Pascal Bastian

Das Forschungsvorhaben erbringt einen Beitrag zur Aufklärung der Bedingungen der Herstellung professioneller Urteile und Entscheidungen in der Kinderschutzarbeit der öffentlichen Jugendhilfe geleistet werden, indem der Umgang mit den durch die Covid-19-Pandemie hervorgerufenen Veränderungen, Einschränkungen und Herausforderungen untersucht wird. Überdies besteht weiterhin noch immer Forschungsbedarf hinsichtlich Urteils- und Entscheidungspraxen abseits der Covid-19-Pandemie. Das Forschungsvorhaben ist daher eingebettet in eine internationale Forschung zum Themenfeld Judgment and Decision-Making in Social Work

Grundlage der Analyse bildet die kontrastive Auswertung von Telefoninterviews mit Fachkräften dreier Jugendämter und zweier freier Träger. Aus den relationalen Perspektiven der Akteur-Netzwerk-Theorie und der Situationsanalyse, die den Blick nicht alleine auf den jeweiligen Akteur*innen sondern vielmehr auf deren Verbindungen und Vernetzungen untereinander richten, werden zunächst einmal Verschiebungen des Netzwerks, in dem die Fälle üblicherweise bearbeitet werden, sichtbar. In den analysierten Daten offenbaren sich ferner Praktiken, die sich als Bewältigungsstrategien der veränderten Praxis fassen lassen. Die Ergebnisse zeigen, dass die eigentliche Krise nicht in der abstrakten Vorstellung einer Viruspandemie, sondern vor allem im Wegbrechen der üblichen Handlungsroutinen zu finden ist. 

Forschungsnotiz (LINK)

Blogbeitrag auf Soz Päd Corona (LINK)

Digitalisierung in den Hilfen zur Erziehung – Entwicklung und Erprobung innovativer digitaler Beratungs- und Unterstützungskonzepte für den Erstkontakt in den Hilfen zur Erziehung

Finanziert durch: Ministerium für Familie, Frauen, Integration und Kultur Rheinland-Pfalz

Laufzeit: 01.07.2022 – 31.12.2023

Projektleitung: Pascal Bastian

Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Katharina Hendricks

Digitalisierung ist nicht nur infolge der Pandemie ein Thema, mit dem sich die Kinder- und Jugendhilfe beschäftigen muss, um die Erreichbarkeit sowie den schnellen Zugang zu Beratung und Unterstützung sicherzustellen. Gerade niedrigschwellige Angebote bieten einen wichtigen Erstkontakt zu Einrichtungen in der Erziehungshilfe. Das Projekt sieht zunächst eine landesweite Bestandsaufnahme vor, um eine repräsentative Übersicht zu erhalten, welche digitalen Formate zur Beratung, Kontaktpflege und zur Hilfeleistung Jugendämter und Erziehungshilfeträger in Rheinland-Pfalz verwenden. Darauf aufbauend werden neue Konzepte und digitale Formate zur fachlichen Beratung und Unterstützung entwickelt. Dazu bilden sich an mindestens vier Standorten im Land Tandems aus Jugendämtern und freien Trägern. Die digitalen Konzepte werden gemeinsam entwickelt, erprobt und dann verbreitet.

Das Modellprojekt wird über die 18-monatige Laufzeit wissenschaftlich begleitet. Regelmäßige Evaluierungen der Konzeptentwicklungen sollen die Umsetzung unterstützen, Probleme und Hindernisse frühzeitig erkennen und korrigieren und dadurch die Anschlussfähigkeit an die Praxisbedingungen vor Ort sicherstellen. Nach Abschluss des Projekts werden die Ergebnisse mit Best-Practice-Beispielen den Jugendhilfeeinrichtungen und Jugendämtern zur Verfügung gestellt.

Das Modellprojekt ist ein Projekt des rheinland-pfälzischen Landesjugendhilfeausschusses und wird gefördert vom rheinland-pfälzischen Ministerium für Familie, Frauen, Integration und Kultur.


Sozialpädagogische Urteilsbildung: Qualitative Forschungsmethoden und Methodologische Herausforderungen (Judgment and Decision-Making in Social Work: Qualitative Research Methods and Methodological Issues) am 20. - 22.09.2021

Finanziert durch: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

Projektleitung: Pascal Bastian

Mitantragstellerin: Katharina Freres

National wie international findet sich zum Thema Entscheidungsfindung in der Sozialen Arbeit nur vereinzelt Forschung. Diese wird von quantitativen Modellen dominiert. Doch vor allem im Feld des Kinderschutzes existieren mittlerweile auch eine Reihe qualitativer Forschungen, in denen die praktische Umsetzung und Begründungen der Professionellen oder auch der konkrete Vollzug von Urteilen und Entscheidungen untersucht werden. Das Ziel der internationalen Konferenz ist die Auseinandersetzung mit Möglichkeiten und Grenzen qualitativer Methoden in der Urteils- und Entscheidungsforschung. Statt einer reinen Diskussion verschiedener Studien soll ein gezielter Austausch der methodologischen Prämissen und der methodischen Umsetzungsstrategien ermöglicht werden.

Es wurden Expert*innen eingeladen, die sich in qualitativen Studien methodisch mit (1) teilnehmenden Beobachtungen, (2) Interviews, (3) mit Konversations- und (4) Vingnettenanalysen nähern. 


Fallkonstitutive Urteilsbildung am Beispiel von Kindeswohlgefährdungseinschätzungen bei unangemeldeten Hausbesuchen in der Sozialen Arbeit

Finanziert durch: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

Laufzeit: 01.06.2016 – 31.05.2018

Projektleitung: Pascal Bastian, Mark Schrödter (Universität Kassel)

Mit dem vorliegenden Forschungsvorhaben soll ein Beitrag zur Aufklärung der Bedingungen der Herstellung professioneller Urteile bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung geleistet werden. Sozialpädagog_innen müssen gerade im Kinderschutz oftmals komplexe Sachverhalte beurteilen und folgenreiche Entscheidungen treffen. So sind auch die Anforderungen des § 8a SGB VIII ein Gefährdungsrisiko einzuschätzen und falls erforderlich, sich einen unmittelbaren Eindruck durch einen Hausbesuch zu verschaffen als komplexe Leistungen von Professionellen zu werten, bei denen zwischen verschiedenen, teilweise widersprüchlichen, adressatenorientierten, staatlichen, fachlichen und organisatorischen Zielvorstellungen zu vermitteln ist. Darüber, wie Fachkräfte diese Anforderungen immer wieder meistern, wie sie also konkret in der Praxis Urteile fällen, ist empirisch wenig bekannt. Bisherige Studien legen ihren Fokus auf Urteilsfehler oder auf externe Beeinflussungen, die die fachliche Urteilsbildung erschweren. Wie es aber Fachkräften gelingt, trotz dieser Anforderungen und Einflüsse ihren Job zu machen, ist bislang kaum erforscht. Ziel dieser Studie ist deshalb die ethnografische Untersuchung der Urteils- und Entscheidungspraxis im professionellen Alltag.

Veröffentlichungen:

  • Bastian, P., Freres, K., & Schrödter, M. (2017). Risiko und Sicherheit als Orientierung im Kinderschutz. Deutschland und USA im Vergleich. Soziale Passagen22(11–12), 1–17. LINK
  • Freres, K., Bastian, P. & Schrödter, M. (2019). Jenseits von Fallverstehen und Prognose – wie Fachkräfte mit einer einfachen Heuristik verantwortbaren Kinderschutz betreiben. neue praxis, 49(2), 140–164.


Sozialpädagogische Bedarfe und Orientierungsmuster minderjähriger unbegleiteter Flüchtlinge in sozialpädagogischen Institutionen

Finanziert durch: Eigenmittel

Laufzeit: 01.05.2016 – 30.09.2016

Projektleitung: Pascal Bastian

Die sozialpädagogische Arbeit mit geflüchteten Jugendlichen stellt ein besonders herausforderndes Feld professioneller Praxis dar. Der Forschungsstand zeigt, dass die Bedarfslagen dieser jungen Geflüchteten vor allem im Bezug auf die psychischen Aspekte wie etwa Traumatisierung erforscht wurden. Hingegen gibt es in der wissenschaftlichen Literatur kaum empirisches Wissen zu den sozialpädagogischen Bedarfen. Ziel des Forschungsprojektes ist die Untersuchung der bislang wenig erforschten Adressat_innenensicht anhand von Interviews mit den sogenannten Betroffenen. Dabei sind folgende Fragen besonderer Bedeutung:

  • Welche Bedarfe jenseits therapeutischer Hilfen ergeben sich aus den biografischen Erfahrungen junger Flüchtlinge vor allem im Hinblick auf sozialpädagogisches Handeln?
  • Lassen sich bei den jungen Flüchtlingen gemeinsame Orientierungsmuster, z.B. aufgrund ähnlicher Erlebnisse oder biografischer Hintergründe rekonstruieren, die für sozialpädagogisches Handeln relevant sind?

Der Fokus liegt nicht auf psychischen Problemen (Traumatisierung), sondern auf alltagsweltlichen Problemlagen im pädagogischen Feld.


International conference on Judgment and Decision-Making in Social Work

September 22-24 2016, Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Finanziert durch: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Eigenmittel

Social Work as a professional practice is a field where people continually have to make professional judgments and decisions. It is striking that in social work theory judgment and decision-making is hardly or superficially addressed, even though the importance of professional judgment is highlighted in theoretical debates. Therefore the conference will offer an occasion to discuss the issue in the context of different and even controversial positions, as well as to contextualize them in the light of empirical research. The goal is to give more consideration to professional judgment in social work theory and research and establishing a network between future possible projects on judgment and decision-making in social work 

  • 2016-2018: Leitung der Forschungs- und Dokumentationsstelle für Verbraucherinsolvenz und Schuldnerberatung – Schuldnerfachberatungszentrum (SFZ). Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demographie des Landes Rheinland-Pfalz 
  • 2013: Bastian, P. Statistische Urteilsbildung im Kinderschutz – Eine ethnografische Studie zur Nutzung aktuarialer Instrumente im US-amerikanischen Kinderschutzsystem. Postdoc-Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes – DAAD
    • Bastian, P. (2017). Negotiations with a risk assessment tool: Standardized decision-making in the United States and the deprofessionalization thesis. Transnational Social Review, doi:10.1080/21931674.2017.1313509 LINK
    • Johnson, W., Clancy, T. & Bastian, P. (2015). Child abuse/neglect risk assessment under field practice conditions: Tests of external and temporal validity and comparison with heart disease prediction. Children and Youth Services Review56, 76–85. doi:10.1016/j.childyouth.2015.06.013 LINK
  • 2013 – 2014: Bastian, P. & Schrödter, S. Fachliche Einschätzung bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung – Auswertung der Falleingangsbögen der Kinderschutzfachstelle eines Jugendamtes. Eigenmittel
  • Bastian, P. & Schrödter, M. (2015). Fachliche Einschätzung bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung. neue praxis, 45 (3), 224–242. LINK