International Standing Conference for the History of Education (ISCHE) 45

Von 7. bis 11. July  fand International Standing Conference for the History of Education (ISCHE) 45 in Lille (Frankreich) statt. 

Im Zusammenhang mit dem DFG-Projekt hielt die Projektleiterin (Ami Kobayashi) zwei Vorträge :

  • "A. S. Makarenko as an “ingenious foreigner” - Debates on “New” Education in the Teachers’ Magazine Life Orientation in Postwar Japan-."  (Hauptkonferenz)
  • "Collective TV-watching in classrooms in post war Japan.” (Pre-conference workshop: ‘Educational practices and objects of the past: A double archaeology’)

 

(30.07.2025 Ami Kobayashi)


„Lied der Kinder zu Lenin“

In einem 1952 in Moskau von der Molodaja Gwardija (einem sowjetischen und später russischen Verlag; und vom ZK des WLKSM/Komsomol, oder „Leninscher Kommunistischer Allunions-Jugendverband“) veröffentlichen Buch „Lieder über Lenin und Stalin“ steht ein russischer Liedtext, der dem des Lenin-Lieds (s. Beitrag von Timmo Stoll 20. 06. 2025) stark ähnelt. Laut Quelle sind die Worte geschrieben von T. Spendiarova, die Musik von M. Krasev: http://vault.exmachina.ru/songs/15/. Das Lied ist Teil einer Sammlung von Liedern über Lenin und Stalin, alle mit starkem Lob oder ideologischer Belehrung in ihrem Inhalt. 

Der Text gleicht inhaltlich dem des Lenin-Lieds aus der Zeitschrift „Unterstufe“; hier eine möglichst wort-genaue Übersetzung der gefundenen russischen Fassung zum Vergleich, allerdings ohne besondere Achtung auf Metrum oder Reime:

Мы знаем, великий Ленин

Wir wissen, der große Lenin

Заботлив и ласков был.

War fürsorglich und liebevoll.

Он взял бы нас на колени,

Er würde uns aufs Knie nehmen

С улыбкой бы нас спросил:

Und mit einem Lächeln fragen:

 

«Ну, как вам живется, дети?»

„Na, wie geht es euch, Kinder?“

И наш бы звенел ответ:

Und unsere Antworte würde erklingen:

«Мы всех счастливей на свете

„Wir sind die glücklichsten in aller Welt

Так выполнен твой завет!

So ist dein Bund erfüllt!

Дарит нам страна подарки

Das Land gibt uns Geschenke

От имени Октября:

Im Namen des Oktobers

Дворцы, веселые парки,

Schlösse, lustige Parks,

Зеленые лагеря!

Grüne Lager!

 

Ты отдал за счастье наше

Du gabst für unser Glück

И силы свои и труд.

Deine Kraft und deine Mühe.

И вот живется нам краше,

Und so leben wir sogar schöner,

Чем в песнях о том поют!»

Als es in Liedern gesungen wird!“

 

(25.07.2025 Elisabeth Buller)


Die Zeitschrift "Unterstufe" 3: FDJ und "Druschba"

 

 

Ein Fundstück von besonders hoher tagespolitischer Aktualität hält die "Unterstufe" 1975 bereit, als über die Beteiligung der FDJ (der staatsoffiziellen Jugendorganisation der DDR) am Bau des Abschnitts "Druschba" (russ. "Freundschaft") der Erdgasleitung "Sojus" (russ. "Union") berichtet wurde, die vom Ural über das Gebiet der heutigen Ukraine bis zur Ostgrenze der heutigen Slowakei verlaufen sollte und als gemeinschaftliches Werk der sozialistischen Staaten konzipiert war. Fast 6000 DDR-Bürger arbeiteten an dem der DDR zugewiesenen, etwa 500 Kilometer langen Bauabschnitt in der Ukrainischen SSR mit. Die Leitung sollte Erdgas aus der Sowjetunion nach Mitteleuropa liefern und tat dies auch jahrzehntelang zuverlässig. Erst in diesem Jahr wurde der Gastransit von Russland nach Europa aufgrund des Krieges in der Ukraine beendet. (Bild 7) An diesem Beispiel ist exemplarisch zu sehen, wie Ereignisse sich immer noch auf unsere unmittelbare Gegenwart auswirken, die sich vor etwa einem halben Jahrhundert in Ländern abgespielt haben, die es mittlerweile nicht mehr gibt und deren gesellschaftliche Ordnung auf Prinzipien aufbaute, die heute kaum noch von Bedeutung sind. 

 

(Timmo Stoll 03.07.2025)


Die Zeitschrift "Unterstufe" 2: Bilder und Fotografien

Die Zeitschrift "Unterstufe", die sich an die Grundschullehrer und -lehrerinnen der DDR richtete, beinhaltete regelmäßig Arbeitsmaterialien oder Anregungen, die für den praktischen Unterricht geeignet waren. Bei der Durchsicht wird aus heutiger Perspektive schnell deutlich, dass solche praxisorientierten Inhalte nicht nur im Hinblick auf ihre konkrete Anwendbarkeit im Unterricht und nach fachlich-didaktischen Kriterien ausgesucht werden, sondern oft auch eine mehr oder weniger deutliche politische Botschaft beinhalteten.

Immer wieder waren in der "Unterstufe" Materialen zu finden, die die (offiziell akzeptierte) sowjetische Kunst und Kultur für die Grundschule nutzbar machten. Ein Beispiel hierfür sind die "ROSTA-Fenster", in den 1920er-Jahren vom futuristischen Dichter Wladimir Majakowski entworfene Propagandaplakte, die der Zeitschrift 1967 beilagen (Bild 3).

Es gab in der "Unterstufe" auch propagandistische Beiträge, die sich nicht direkt zur Verwendung im Unterricht eigneten. Aus heutiger Sicht faszinierend sind in dieser Hinsicht die Bilder Ost-Berlins aus den 1970er-Jahren, mit denen in der "Unterstufe" die Errungenschaften der DDR verdeutlicht werden sollten. Aufnahmen vom Alexanderplatz (Bild 4) und von Paraden und Demonstrationen zum 1. Mai (Bilder 5) verfehlten ihre Wirkung auf die Leser sicherlich nicht.

 

 

 (Timmo Stoll 27.06.2025) 


Die Zeitschrift "Unterstufe" 1: das Leninlied

Bei der Recherche in den erziehungswissenschaftlichen Zeitschriften der DDR stöße ich (Timmo Stoll) immer wieder auf überraschende, interessante oder auch amüsante Funde. Besonders die Zeitschrift "Unterstufe", die sich an Grundschullehrer und -lehrerinnen in der DDR richtete, ist immer wieder für eine Überraschung gut. So präsentierte sie ihren Lesern im Jahre 1969 als Idee zum gemeinsamen Singen mit der Klasse das "Leninlied" (Bild 1). Offenbar aus dem Russischen übersetzt lautet der Text:

"Wir wissen vom großen Lenin: / er liebte uns Kinder sehr. / Gern hörte er unsere Lieder / und beugte sich zu uns nieder, / und lächelnd fragte er: / 'Wie geht es euch liebe Kinder?' / Er blickte uns gütig an / 'Wir lernen fröhlich und lachen / und basteln vielerlei Sachen / und haben Freude dran. / [...] / Du gabst deine Kraft, deine Mühen / für unserer Zukunft Glück. / Drum soll dir Dank nun erklingen, / wenn frohe Lieder erklingen / in jeder Sowjetrepublik."

Ein derartiger Personenkult in einem Kinderlied wirkt aus heutiger Sicht sehr befremdlich. Gleichzeitig führt uns das Lied aber vor Augen, dass die offizielle Sichtweise des Staates und der Partei in der DDR  nicht nur auf der Ebene der politisch-ideologischen Agitation verbreitet, sondern bereits im Grundschulalter versucht wurde, emotionale Bindungen zum Sozialismus und auch zur Sowjetunion bei Kindern zu etablieren.

Andere politischen Beiträge hingegen waren weniger "platt" und scheinen auch heute noch berührend und von bedrückender Aktualität, wie das Gedicht "Der Flüchtling" von Pablo Neruda (1948), mit dem im Jahre 1973 nach dem Sturz des sozialistischen Präsidenten Chiles Salvador Allendes durch einen Militärputsch unter der Führung Augusto Pinochets zur "Solidarität mit den chilenischen Patrioten" aufgerufen wurde (Bild 2). 

(20. 06. 2025 Timmo Stoll)


Makarenko und "die Pädagogik" – Ersteindrücke aus einer Fachzeitschrift

Im Rahmen unseres DFG-Projekts beschäftige ich (June Drechsel) mich als wissenschaftliche Hilfskraft mit der Recherche und Zusammenfassung von Artikeln der Fachzeitschrift Pädagogik unter der Voraussetzung, dass diese Artikel Bezug auf Makarenko oder sein Wirken nehmen. Pädagogik erschien von 1946 bis 1990 zuerst unter ebendiesem Namen, ab 1959 dann mit dem Zusatz Pädagogik. Zeitschrift für Theorie und Praxis der sozialistischen Erziehung in der Sowjetischen Besatzungszone und später der DDR. Sie behandelte vornehmlich erziehungswissenschaftliche Themen.

Zugegeben hatte ich den Namen Anton Semjonowitsch Makarenko vor meiner Mitarbeit am DFG-Projekt noch nie gehört, doch bereits wenige Artikel gaben Aufschluss über seinen Einfluss auf das Verständnis von Erziehung unter den Pädagogen der DDR und der Sowjetunion. Immer wieder ist die Rede von Wechselbeziehungen zwischen den Individuen einer Gesellschaft und dem Kollektiv, etwa einer Schulklasse, in das jedes Individuum eingebettet wird und in dem es sich nach Möglichkeit selbst entfalten kann, um so wiederum seinen Beitrag zum Kollektiv zu leisten. Dabei spielt Verantwortung eine große Rolle, zum Beispiel wenn es um die Mitgestaltung des Unterrichts geht. Sie soll mitunter helfen, Kinder und Jugendliche auf „reale Erfordernisse von konkreten Lebenssituationen und Lebenstätigkeiten“ vorzubereiten, so ein Zitat aus Pädagogik. Es handelt sich um Überlegungen, die durchaus auch heute noch Gewicht haben.

Da ich bis dato hauptsächlich Artikel der späten 1980er untersucht habe, die meist den 100. Geburtstag Makarenkos thematisieren, zeichnet sich eine durchweg positive Rezeption Makarenkos ab. Es bleibt abzuwarten, ob sich dieses Bild trübt, je weiter ich in der Zeit und den Ausgaben der Pädagogik zurückgehe.

 

(02.05. June Drechsel)


Besuch des Stasi-Museums in Leipzig

Februar 2025, Gedenkstätte in der „Runden Ecke“
 

Im Rahmen einer zweitägigen Reise nach Leipzig wurde eine Dauerausstellung zu einem Teil der DDR-Geschichte besucht, genauer zum Ministerium für Staatssicherheit. Beherbergt wird das Museum in der sogenannten „Runden Ecke“, dem ehemaligen Sitz der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit. Der Besuch wird von einem Audio-Guide begleitet und lehrt dabei viel über die Funktion, Arbeitsweise und Auswirkungen der Stasi auf die Gesellschaft der DDR. Mehr zu der Ausstellung „Stasi – Macht und Banalität“ (inkl. Raumplan des Rundgangs und Info zu einzelnen Teilen der Ausstellung) auf dieser Website:
https://www.runde-ecke-leipzig.de/index.php?id=223&L=304

 

(24. 03. 2025 Elisabeth Buller )


Die Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung (BBF)


Die Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung (BBF) an der Warschauer Straße in Berlin-Friedrichshain ist die größte pädagogische Spezialbibliothek in Deutschland. Sie verfügt über etwa 730.000 Bände und ist damit ein Zentrum der bildungsgeschichtlichen Forschung hierzulande. Ihre Anfänge reichen bis ins Jahr 1876 zurück, als der "Deutsche Lehrerverein" eine Lehrmittelsammlung schuf und das "Deutsche Schulmuseum" aufbaute. 1908 wurde die Bibliothek als "Deutsche Lehrerbücherei" von der Lehrmittelsammlung abgetrennt und diente von Anfang an sowohl der Lehrerfortbildung als auch der Erforschung des Bildungswesens. Nach 1945 wurde die Lehrerbücherei in die "Pädagogische Zentralbibliothek" der DDR integriert und war ab 1970 Teil der Akademie der Pädagogischen Wissenschaften (APW) der DDR. Im Zuge der Wende und der Auflösung der APW 1992 wurde die Bibliothek in die Trägerschaft des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) überführt und erhielt ihren heutigen Namen. Die BBF ist öffentlich zugänglich und stellt immer größere Teile ihres Bestandes auch online zur Verfügung, außerdem veranstaltet sie Ausstellungen und Tagungen. Schwerpunktmäßig im Eingangsbereich finden sich außerdem etliche Exponate mit bildungsgeschichtlichem Bezug.

Für unser Forschungsprojekt "Makarenkos Kollektiverziehung jenseits des Eisernen Vorhangs – Debatten über sozialistische Wettbewerbe und ihre praktischen Folgen in der DDR, Japan und der Sowjetunion" ist die BBF von größter Bedeutung, da sich eine große Zahl der Bestände an pädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Zeitschriften der DDR hier befinden. Als wissenschaftliche Hilfskraft verbringe ich (Timmo Stoll) daher regelmäßig nicht wenig Zeit im Sonderlesesaal der BBF, um die alten Zeitschriften zu durchforsten und relevante Artikel zu scannen. Die Mitarbeiter sind sehr freundlich und hilfsbereit, Zeitschriftenbestellungen sind in der Regel innerhalb eines Tages verfügbar. Im Folgenden ein paar Bilder, um einen kleinen Eindruck von der BBF zu geben. Mehr auf der Homepage der BBF: https://bbf.dipf.de

(13. 03. 2025 Timmo Stoll)


Gespräch mit einer ehemaligen Lehrerin in der DDR

im Januar 2025 im Restaurant PILA mit kleinem DDR Museum

 

Die Projektleiterin führte ein Gespräch mit einer ehemaligen DDR-Lehrerin. Das Treffen fand in einer Gaststätte statt, in der viele Gegenstände, Bücher, Dokumente aus der DDR-Zeit verwendet und ausgestellt wurden. Die Lehrerin erzählte von einzelnen Gegenständen und der damit verbundenen Alltagsgeschichte in der DDR.