MehrSprachen im Deutschunterricht: Eine Interventionsstudie zur Förderung von Sprachkomeptenzen und Sprachbewusstheit in der Grundschule
(MehrSprachen)
Die Ausbildung von Sprachbewusstheit ist sowohl ein implizites als auch ein explizites Ziel des schulischen Sprach(en)unterrichts. Sie wird als mentale Disposition angesehen, die es Individuen ermöglicht, die Struktur und Funktion von Sprache und Sprachen zu erfassen und für das eigene sprachliche Handeln zu nutzen. Bislang sind jedoch die Entwicklung von Sprachbewusstheit sowie Faktoren, die diese beeinflussen, empirisch nur wenig erforscht, ebenso die Frage, welche Rolle die lebensweltliche Mehrsprachigkeit dabei spielt.
Im Vorläufer-Projekt „Sprachkompetenzen und Sprachbewusstheit“ konnte anhand einer Stichprobe von 400 Grundschüler(inne)n gezeigt werden, dass mehrsprachige Lerner(innen) unter Kontrolle von Alter, Grundintelligenz und Sprachkompetenzen in elizitierten Sprachinteraktionen häufiger über Sprache(n) reflektieren, und dies auch in differenzierterer Art und Weise als einsprachige Kinder (Bien-Miller et.al 2017). Gleichzeitig konnte belegt werden, dass die Gesamtsprachenkompetenz einen wichtigen Indikator für Sprachbewusstheit darstellt (Akbulut et. al 2017).
Diese Resultate dienen als Grundlage für das Folgeprojekt „MehrSprachen“, in dem der Transfer der im Projekt „Sprachkompetenzen und Sprachbewusstheit“ gewonnenen Erkenntnisse in die unterrichtliche Praxis im Mittelpunkt steht. Hier werden Auswirkungen eines sprachreflexiven Deutschunterrichts, in dem explizit Sprachthematisierungen herbeigeführt werden, auf die allgemein- und metasprachlichen Kompetenzen mono- und multilingualer Schüler(innen) am Ende der Primarstufe untersucht. Die zentrale Fragestellung lautet, ob Schüler(innen) von einem Deutschunterricht, in dem sprachliche Phänomene explizit und durch Einbeziehung mehrerer Sprachen thematisiert werden, profitieren, sich dies also in ihren Deutschkompetenzen und ihrer Sprachbewusstheit zeigt.
Zeitraum
TT.MM.JJJJ - TT.MM.JJJJ
Status
abgeschlossen
In einem Experimental- und Kontrollgruppendesign wird eine Teilstichprobe von Lehrkräften (N=20) zur Nutzung von Mehrsprachigkeit im Deutschunterricht fortgebildet, während die andere Hälfte (N=20) ihren Unterricht ohne zusätzliche Fortbildung durchführt. Neben den Einstellungen zu Mehrsprachigkeit, Erfahrungen und Motivation aller teilnehmenden Lehrkräfte (N=40), werden die Sprachbewusstheit der Schüler(innen) als abhängige Variable mithilfe des Elizitationsverfahrens M-Spra (Wildemann et al., 2016) sowie kognitive Grundfähigkeiten (CFT 20-R) und Sprachkompetenz (profilanalytisches Verfahren Tulpenbeet) als Hintergrundvariablen erfasst. Auf diese Weise sollen mögliche Zusammenhänge zwischen Intervention, Unterricht und Schülerleistungen analysiert werden.
Die Datenerhebung erfolgt an drei Messzeitpunkten:
MZP I (Pretest): Lehrkräfte: Demographische Daten, Einstellungen zu Mehrsprachigkeit, Erfahrungen mit Mehrsprachigkeit und Motivation SchülerInnen: kognitive Grundfähigkeiten, Sprachkompetenzen im Deutschen, demographische Daten, Motivation |
MZP II (Posttest): Lehrkräfte: Einstellungen zu Mehrsprachigkeit, Erfahrungen mit Mehrsprachigkeit und Motivation SchülerInnen: Sprachbewusstheit, Motivation |
MZP III (Follow-up): Lehrkräfte: Einstellungen zu Mehrsprachigkeit, Erfahrungen mit Mehrsprachigkeit und Motivation SchülerInnen: Sprachbewusstheit, Motivation |
Liebe Lehrerinnen und Lehrer,
wir danken Ihnen ganz herzlich, dass Sie unser Projekt „MehrSprachen“ weiterhin unterstützen.
Damit wir die Wirksamkeit unseres Konzepts überprüfen können, möchten wir im Zeitraum von den Osterferien bis zu den Sommerferien Ihre Schule wieder besuchen, um Schüler- und Lehrerdaten zu erheben.
Bei unserem zweiten Besuch möchten wir vor allem die Entwicklung der Sprachbewusstheit Ihrer Schülerinnen und Schüler untersuchen.
Um Sie frühzeitig und ausführlich über die aus-gewählten Messinstrumente und organisatori-schen Maßnahmen zu informieren, möchten wir Ihnen die zweite geplante Erhebung im Folgenden näher vorstellen.
Erhebungen auf Ebene der SchülerInnen
Sprachbewusstheit (15 Min. – in Paararbeit)
Mit dem Verfahren M-Spra erheben wir metasprachliche Interaktionen als Indikator für Sprachbewusstheit. Das Verfahren beinhaltet sechs sprachbezogene Aufgaben, die die Schülerinnen und Schüler dazu anregen, sprachbezogene Hypothesen und Beobachtungen zu formulieren und vorhandenes Sprachwissen abzurufen.
Der Ablauf des Verfahrens lässt sich folgenderweise beschreiben: Zwei Kinder bilden ein Team und bedienen eine mehrsprachige Software („My First Stories“ 2013), die das Lesen und Hören einer kindgerechten Geschichte in fünf Sprachen (Deutsch, Englisch, Spanisch, Russisch, Türkisch) ermöglicht. Sie können jederzeit zwischen den Sprachen wechseln. Während des Lesens der Geschichte werden Aufgaben durch die Testleitung gestellt.
Diese metasprachlichen Interaktionen werden aus der Rückansicht videographiert.
Motivation & Schulerfahrungen (15 min.)
Mithilfe zwei kurzer und kindgerechter Fragebögen wird erfasst, wie wohl sich die Kinder in der Schule fühlen und wie gerne sie sich mit Lernaufgaben beschäftigen.
Erhebungen auf Ebene der LehrerInnen
Einstellungen zur Mehrsprachigkeit & Motivationale Orientierungen (20 min.)
Im Rahmen dieser Befragung möchten wir Einblick in Ihre Einstellungen und Motivation rund um das Thema Mehrsprachigkeit erhalten.
Erfahrungen mit Mehrsprachigkeit (15 min.)
Innerhalb dieses Fragebogens werden Angaben zu Ihren Erfahrungen mit Mehrsprachigkeit in der Schule und im Unterricht erfragt.
Wir sind bei unseren Planungen stets bemüht, die Befragungsdauer auf ein Minimum zu reduzieren, um möglichst wenig Unterrichtszeit zu beanspruchen.
Termine und Zeitplanung
Wir werden in Absprache mit Ihnen einen Tag und die Schulstunden vereinbaren, an denen die Datenerhebungen stattfinden. An diesem Tag wird unser Team Ihre Schule besuchen, um mit den Schülerinnen und Schülern unsere Aufgaben zu bearbeiten. Zum Beispiel würde der Zeitplan bei einer Klasse mit 22 TeilnehmerInnen folgendermaßen aussehen:
Testleiter 1 | Testleiter 2 | |
2. Schulstunde | 6 Kinder | 6 Kinder |
3. Schulstunde | 4 Kinder | 6 Kinder |
Da wir eine Geschichte am Laptop abspielen und mit den Kindern mündlich interagieren, bräuchten wir zwei bis drei separate Räume (z.B. Kunstraum, Besprechungsraum, Bibliothek, etc.) mit Stromanschluss. Jeweils ein bis drei Kinderpaare werden von unseren ErhebungsleiterInnen aus der Klasse abgeholt und nach der Aufgabe zurückgebracht. Die Kinder bleiben in keinem Moment unbeaufsichtigt.
Die Erhebungstermine werden nach individueller Absprache mit Ihnen vereinbart. Wir tragen dafür Sorge, dass die üblichen Pausen eingehalten werden.
Projektleiterin Univ.-Prof. Dr. Anja Wildemann
Wissenschaftliche Koordinatorin Dr. Lena Bien-Miller
Publikationen
- Wildemann, A., Bien-Miller, L., Akbulut, A. (im Druck): Mehrsprachigkeit und Sprachbewusstheit – empirische Befunde und Unterrichtskonzepte. In: Handbuch Mehrsprachigkeit und Bildung.
- Bien-Miller, L, Wildemann, A., Andronie, M., Krzyzek, S. (im Druck): Handlungsrelevante Überzeugungen zu Mehrsprachigkeit und deren Bedeutung für die Professionalisierung von Lehrkräften. In: Tagungsband 20. Grazer Tagung Deutsch als Fremd-/Zweitsprache und Sprachdidaktik Mit Sprache Grenzen überwinden: Sprachenlehren und Lernen im Kontext von Flucht und Migration.
- Wildemann, A., Andronie, M., Bien-Miller, L., Krzyzek, S. (in review): Sprachliche Übergänge im Deutschunterricht (schaffen) – eine Interventionsstudie mit Grundschullehrerinnen und -lehrern. In: Sammelband zur Tagung der DaZ-AG Vom Sprachkurs Deutsch als Zweitsprache zum Regelunterricht: Übergänge bewältigen – ermöglichen – gestalten.
Vorträge
- Krzyzek, S., Andronie, M., Bien-Miller, L., Wildemann, A. (2019): Multilingual education in primary school context in Germany: Developing a teacher training measure in order to enhance metalinguistic awareness of primary school children. 13.02.2019 (LIEMC19), York: England.
- Wildemann, A. (2019): Überall begegnet Sprache - oder was heißt eigentlich Mehrsprachigkeitsdidaktik. Wuppertal.
- Bien-Miller, L., Andronie, M., Wildemann, A., Krzyzek, S. (2018): Einstellungen & Überzeugengen zu Mehrsprachigkeit von Grundschullehrkräften. 17.09.2018.
- Krzyzek, S., Andronie, M., Bien-Miller, L., Wildemann, A. (2018): Explicit Focus on Multilingualism for Enhancing Metalinguistic Awareness in Primary School. September 2018 (ECER), Bozen: Italien.
- Wildemann, A., Andronie, M., Bien-Miller, L., Krzyzek, S. (2018): "A ist sowas wie im Italienischen" - Forschung für sprachenintegrativen Deutschunterricht in der Grundschule. 19.07.18, Fribourg: Schweiz.
- Wildemann, A., Andronie, M., Bien-Miller, L., Krzyzek, S. (2018): Enhancing the metalinguistic awarness in primary-school children through explicit language reflection. 25.05.18, Vancouver: Kanada.
- Wildemann, A., Andronie, M., Bien-Miller, L., Krzyzek, S. (2018): "Unglaublich, dass die Kinder das können!" - Deutschunterricht in einer mehrsprachigen Gesellschaft. Nürnberg.
- Wildemann, A., Bien-Miller. L. (2017): Handlungsrelevante Überzeugungen zu Seiteneinsteiger_innen und deren Bedeutung für die Professionalisierung von Lehrkräften. Vortrag auf 20. Grazer Tagung Deutsch als Fremd-/Zweitsprache und Sprachdidaktik Mit Sprache Grenzen überwinden: Sprachenlehren und Lernen im Kontext von Flucht und Migration. 30.06.-01.07.2017, Graz: Österreich.
- Wildemann, A., Andronie, M., Bien-Miller, M., Krzyzek, S. (2017): MehrSprachen: Eine Interventionsstudie zur Förderung von Sprachkompetenzen und Sprachbewusstheit in der Grundschule. Vortrag im Rahmen des Kick-off-Meetings des Forschungsschwerpunkts “Sprachliche Bildung und Mehrsprachigkeit” an der Universität Hamburg, 18. - 19. 07.2017
Koordinierungsstelle für Mehrsprachigkeit und sprachliche Bildung
Sie ist am Institut für Interkulturelle und International Vergleichende Erziehungswissenschaft, der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg angesiedelt.
KoMBi koordiniert BMBF geförderte Projekte mit dem Schwerpunkt „Mehrsprachigkeit und sprachliche Bildung“
Leitung
Prof. Dr. Dr. h.c. Ingrid Gogolin
Alsterterrasse 1
20354 Hamburg
Tel.: +49 40 42838-2127/-5979
Fax: +49 40 428 38-4298
E-Mail: gogolin(at)uni-hamburg.de
Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen:
Joana Duarte
Raum: 514
Alsterterrasse 1
20354 Hamburg
Tel.: +49 40 42838-2109
E-Mail: joana.duarte(at)uni-hamburg.de
Antje Hansen
Raum: 514
Alsterterrasse 1
20345 Hamburg
Tel.: +49 40 42838-9184
E-Mail: antje.hansen(at)uni-hamburg.de
Weitere Informationen:
http://www.kombi.uni-hamburg.de/de/koordinierungsstelle.html